Wir erinnern an Damian Reis.
Damian Reis; geboren am 12. August 1895 in Trier-Süd, gestorben am 11. August 1942 im KZ Sachsenhausen
Damian Reis; geboren am 12. August 1895 in Trier-Süd, gestorben am 11. August 1942 im KZ Sachsenhausen
Damian Reis, geboren am 12. August 1895 in Trier-Süd, Schieferdecker (Dachdecker) von Beruf, aus einer Dachdecker“dynastie“ in Trier stammend, katholisch, verheiratet, zu einem unbekannten Zeitpunkt erstmalige Verurteilung nach §175 wegen homosexueller Kontakte, Verhaftung durch die Polizei Trier 1939, letzter freiwilliger Wohnort in Trier, Zurlaubener Ufer 89. Nach der Verhaftung überstellt zum Polizeipräsidium Köln; zu Beginn des Jahres 1942 Deportation in das KZ Sachsenhausen bei Berlin, dort Zwangsarbeit als Nr. 45232 in der bei Häftlingen gefürchteten Strafkompanie „Klinker“. Ermordet bei einer gezielten Mordaktion im Klinkerwerk durch die SS im Sommer 1942, die zum Ziel hatte, alle Homosexuellen im KZ Sachsenhausen zu ermorden. Tod am 11. August 1942, einen Tag vor seinem 47.Geburtstag. Angebliche Todesursache: „Herz- und Kreislaufschwäche bei Grundleiden beidseitiger Lungenentzündung“.
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Damian Reis wurde als Sohn der Eheleute Anton Josef Reis, Dachdeckermeister, (Trier 1869-1929) und Katharina Reis, geb. Wirtz (Trier 1869-1922) in Trier-Süd, Kapellenstraße 40, am 12. August 1895 geboren. Im Zuge der Eingemeindung (1969) von Ehrang nach Trier wurde die Kapellenstraße in Trier-Süd umbenannt und heißt seither Saarbrücker Straße. Ohne weiteres lässt sich die Tradition, Schieferdecker zu werden, über den Vater, den Großvater und den Urgroßvater zurückverfolgen. Diese 3 männlichen Vorfahren hießen nicht nur jeweils Anton Josef Reis, sondern sie waren beruflich auch alle drei Schieferdecker in Trier. Auch zahlreiche andere Verwandte waren Schieferdecker/Dachdecker, es gab in Trier mehrere Dachdeckerbetriebe Reis, so dass durchaus von einer Dachdecker-„Dynastie“ gesprochen werden kann. Die gläubigen katholischen Eltern Reis hatten insgesamt 10 Kinder, außer dem drittgeborenen Sohn Damian noch Matthias (1891-1968), Maria Magdalena (*1894), Luise Franziska (*1897), Hans (1900-1912), Reinhard (*1901), Gertrude (*1903), Elisa (*1905), Kaspar Melchior Balthasar (*1907- ?, zwei Eheschließungen 1932 bzw. 1942) und Maria Franziska (*1909).
Die Forschung zum Leben von Damian Reis im Rahmen des Stolpersteinprojektes hat viele Einzelteile/ Bruchstücke in zahlreichen Dokumenten hervorgebracht und zusammengefügt, die allerdings nur ein unvollständiges Bild ergeben. Damian Reis wurde Schieferdecker von Beruf, ob er in einem Dachdeckerbetrieb seiner großen Verwandschaft arbeitete, ist unbekannt. Er heiratete in Trier am 4. November 1920 die aus Fraunlautern bei Saarlouis stammende Anna Zils (*7. Juli 1893). In der Heiratsurkunde findet sich auch die einzige erhaltene persönliche Äußerung von Damian Reis: seine Unterschrift, ebenso wie die seiner Ehefrau.
Eheschließung des Dachdeckers Damian Reis und der Anna Reis, geborene Zils,
eigenhändige Unterschriften aus dem Heiratseintrag Trier, 4. November 1920
Nach heutigem Wissensstand blieb die Ehe kinderlos. Zunächst lebten die Eheleute in der zentrumsnahen Bergstraße 69 (bis 1930/31), im Jahr 1934 waren sie in der Matthiasstraße 1 in Trier-Süd gemeldet. Danach war ab 1936 die „Ehefrau Anna Reis“ unter der Adresse Zurlaubener Ufer 89 eingetragen. Es lässt sich schließen, dass der Ehemann Damian als Haushaltsvorstand zu jenem Zeitpunkt zwischen 1934 und 1936 bereits in Haft war und Frau Reis aus wirtschaftlicher Not den Umzug von der Matthiasstraße in das kleine Vororthaus am Flussufer und damit die Verschlechterung ihrer Wohnverhältnisse in Kauf nehmen musste. Die wirtschaftliche Not nahm aufgrund der Abwesenheit des Ehemannes weiter zu, was sich in der Veränderung der Einträge in den Adressbüchern widerspiegelte: War Anna Reis im Jahr 1936 noch als „Ehefrau Anna Reis“ abgedruckt, so wurde der Adressbucheintrag am Zurlaubener Ufer 89 im Jahr 1938 in „Anna Reis Wohlfahrtsempfängerin“ geändert. Nach 1938 war Damian Reis offensichtlich nach Trier zurückgekehrt (unbekannt ist, ob aus Gefängnis oder Zuchthaus), denn er wurde am 11. März 1939 von der Polizei in Trier (wahrscheinlich erneut) verhaftet. Vermerkt wurde auf der überlieferten Karteikarte vom Polizeipräsidium Köln „wohnhaft in Trier“. Im Rahmen der Trierer Polizeiverhaftung wurde er erkennungsdienstlich behandelt. Leider sind die damaligen Fotos nicht erhalten geblieben. Die Karte verzeichnete ganz im Sinne der rassistischen Denkweise der gleichgeschalteten, von nationalsozialistischer Denk- und Handlungsweise bestimmten Polizei: „Rasse: arisch“ und „Reichsdeutscher“. Die Polizei-Karte nannte ebenso namentlich die Ehefrau Anna und die verstorbenen Eltern von Damian Reis, Anton und Katharina Reis. Über den gesamten mit Maschinenschrift ausgefüllten Kartenvordruck machte zu einem späteren Zeitpunkt jemand ein großes Kreuz in roter Farbe und notierte handschriftlich: „Am 11.8.42 KL. Sachsenhausen“.
Zwischen Verhaftung von Damian Reis in Trier durch die Polizei Trier im März 1939 und der Deportierung in das KZ Sachsenhausen, wo er erst im Frühsommer 1942 als Häftling mit der Nummer 45232 interniert wurde, lagen ca. 3 Jahre. Diese Lücke ist bis heute nicht mit Informationen über den Verbleib von Damian Reis schließbar, aber es ist wahrscheinlich, dass Reis eine zweite Strafe wegen Verstoßes gegen §175 verbüßen musste.
Zur Verfolgung von Homosexuellen hatte Heinrich Himmler, Chef der deutschen Polizei und gleichzeitig Chef der gefürchteten SS, einer Untergliederung der Nazi-Partei, in Einklang mit der NS-Ideologie am 12. Juli 1940 pauschal bestimmt:
„Ich ersuche, in Zukunft Homosexuelle, die mehr als einen Partner verführt haben, nach der Entlassung aus dem Gefängnis in polizeiliche Vorbeugehaft zu nehmen.“
Die Nationalsozialisten haben ihr rassistisches und menschenverachtendes Weltbild in sogenannte „Gesetze“ gegossen: U.a. verschärfen sie mit Wirkung vom 1. Sept. 1935 den noch aus der Kaiserzeit stammenden § 175, der einvernehmliche homosexuelle Kontakte zwischen Männern unter Strafe stellt. Sie erweitern und verschärfen Tatbestände und führen mittels §175a neue ein (so können bereits Küssen oder wollüstige Blicke und Kontaktaufnahme zu Ermittlungen und Bestrafung führen, ebenso wird erstmals mannmännliche Prostitution strafrechtlich verfolgt). Sie vergrößern den Strafrahmen von Gefängnis (Vergehen §175) auf Zuchthaus (Neu: Verbrechen §175a) bis zu 10 Jahren. Sie bespitzeln durch Gestapo und Polizei Treffpunkte von Homosexuellen, führen Razzien durch, legen Listen mit namentlich bekannten Homosexuellen an, üben Zensur aus und verbieten Zeitschriften und zerschlagen Vereine. Zudem erzeugt auch die öffentliche Hetze in der gleichgeschalteten Presse und den NS-Propaganda-Medien („Röhm-Putsch“) gegen homosexuelle Männer ein gesellschaftliches Klima der Angst und Einschüchterung. Die Nationalsozialisten nutzen und vertiefen die in der Bevölkerung vorhandenen Vorurteile gegenüber Homosexuellen und stempeln sie zu sogenannten „Volksfeinden“ ab. Denunzierungen sind Teil dieses Szenarios. Denunzianten fühlen sich sicher. Ebenso werden §§175/175a als Werkzeug zur Verfolgung von katholischen Geistlichen eingesetzt. Die zum Teil „unbequeme“ katholische Kirche soll so in Misskredit gebracht werden. Zur systematischen Verfolgung wird bereits 1934 ein Sonderdezernat Homosexualität bei der Gestapo geschaffen, verschärfend wird im Jahr 1936 zielgerichtet die „Reichszentrale zur Bekämpfung der Homosexualität und der Abtreibung“ installiert. Die Zucht von „arischen“ Menschen ist das Ziel. Personen, die nicht zur konsequenten Bevölkerungsvermehrung beitragen, sollen „ausgemerzt“ werden.
Ob Damian Reis als Nummer 45232 in Sachsenhausen noch zusätzlich – wie es oft bei Homosexuellen damals im KZ üblich war – aufgrund mehrfacher Verfolgung und Verurteilung nach §175 – als „BV“ (Berufsverbrecher) durch die SS-Lagerleitung stigmatisiert wurde, ist unbekannt. Die Dokumentenüberlieferungen aus dem KZ Sachsenhausen sind hauptsächlich deshalb unvollständig, weil die SS-Wachmannschaften als Betreiber der Konzentrationslager am Ende des Krieges versuchten, als die Niederlage absehbar wurde, die Spuren/Dokumente ihrer Verbrechen (nicht nur in Sachsenhausen) zu vernichten. Belegt ist aufgrund eines der wenigen Originaldokumente: In Sachsenhausen wurde Damian Reis dem bei den Häftlingen gefürchteten Strafkommando im Außenlager Großziegelwerk (GZW), dem sogenannten „Klinker“, zugewiesen.
Sterbeintrag als Randvermerk in der Geburtsurkunde von Damian Reis. Oranienburg bei Berlin war das Standesamt, das die Tode der KZ-Häftlinge in Sachsenhausen in amtlichen Sterbeurkunden niederlegte und damit den Morden und der Vernichtung den Anschein „amtlicher Korrektheit“ gab.
Nur durch die mutigen, heimlichen Aufzeichnungen von Namenslisten und Beobachtungen des Sachsenhausen-Häftlings Emil Büge (1890-1950, Selbstmord), – die Aufzeichnungen erschienen in Buchform unter dem Titel „1470 KZ-Geheimnisse – wissen wir, dass im Sommer 1942 in dem KZ eine gezielte Mordaktion gegen Homosexuelle stattfand. Dabei wurden allein im Juli und August 1942 ungefähr einhundert, heute namentlich bekannte Männer, ermordet. Auch der Name Damian Reis ist in dieser Liste verzeichnet. Ebenso der Scherennagler Heinrich Irsen aus Solingen (ermordet 5.7.1942), der Fabrikant Otto Meinecke aus Dortmund (13.7.1942), der Volksschullehrer Heinrich Wahle aus Bochum (17.7.1942), der Zahndentist Karl Paul Paetzel aus Wuppertal (17.7.1942), der Arbeiter Max Penz aus Remscheid (16.7.1942), der Elektriker Werner Bangert aus Duisburg (17.7.1942), und eben auch der Dachdecker Damian Reis (11.8.1942, einen Tag vor seinem Geburtstag) aus Trier sowie viele weitere Opfer dieser Mordaktion.
Bekannt ist aus anderen Forschungen, dass die Angehörigen von toten Häftlingen von der SS-Lagerverwaltung aus Sachsenhausen Post bekamen, meist zugestellt über die örtliche Polizei am letzten Wohnort des Häftlings. Darin wurde ihnen mitgeteilt, dass der Angehörige an einer Krankheit im Lager oder im Krankenhaus gestorben sei. (Schon das verwendete Wort „Krankenhaus“ war eine Lüge, denn in den KZ bestand zwar eine Krankenbaracke („Revier“ genannt), in der bei oftmals völliger Überbelegung minimale medizinische Versorgung gewährt wurde, aber der Begriff Krankenhaus täuscht über die Primitivität der Einrichtung. Oft wurden als Todesursachen für die Sterbeurkunden Herzkreislaufleiden, Lungenentzündungen, Magen- und Darmkatarrh oder andere vermeintliche Krankheiten erfunden. Im Fall von Damian Reis war es „Herz- und Kreislaufschwäche, Grundleiden: Doppelseitige Lungenentzündung (Bronchopneumonie)“. Selbstredend wurden die inszenierten Morde und die wahren Todesursachen niemals mitgeteilt. Gleichzeitig wurde mitgeteilt, dass eine Besichtigung der Leiche aus hygienischen Gründen nicht möglich sei. Aber es sei möglich, dass nach der Einäscherung die Urne mit den sterblichen Überresten zu einer Bestattung auf einem Friedhof angefordert werden könne, wenn die Veranlassung der Bestattung nachgewiesen werden könne. Die persönlichen Dinge des Häftlings aus dem Lager wurden in der Regel in einem Paket an die Hinterbliebenen zugestellt, Portozustellkosten wurden von einem eventuell vorhandenen Geldbetrag aus dem Besitz des Häftlings abgezogen und der verbliebene Restbetrag per Postanweisung über die Polizei am Wohnort der Hinterbliebenen ausgezahlt. Dies erweckte den Anschein von „Normalität“ und „Korrektheit“ und erschwerte weitere Nachfragen
Obwohl diese Abwicklungsunterlagen im Falle Reis nicht erhalten sind, ist anzunehmen, dass Frau Reis die Urne aus Sachsenhausen nicht anforderte, denn als Fürsorgeempfängerin ohne eigene Einkünfte war für sie die finanz. Belastung der Beerdigung ihres verstorbenen Ehemannes nicht zu tragen. Zum anderen ist es nicht wahrscheinlich, dass sich Frau Reis sichtbar traute, zu ihrem verstorbenen Mann zu stehen durch eine Beerdigung auf einem katholischen Friedhof in Trier – galt ihr Ehemann doch 1942 auf dem Höhepunkt der nazistischen Hetze und Verfolgung gegen „Andersartige“ (Juden, Homosexuelle, Zeugen Jehovas, Behinderte, Deserteure, „Reichsflüchtige“) als „homosexueller Verbrecher“ oder „Volksfeind“.
Frau Reis überlebte die NS-Zeit. Ihre Unterkunft im Wohnhaus am Zurlaubener Moselufer lag soweit außerhalb des Trierer Stadtzentrums, dass es nicht durch Kriegseinwirkungen zerstört wurde. Die 49jährige Witwe war arm, ohne Beruf, und hatte möglicherweise auch keine auskömmliche Rente für die Zukunft zu erwarten. Am 16. November 1946 heiratete sie erneut, sie war zu diesem Zeitpunkt 53 Jahre alt. Der Ehemann war der im Jahr 1873 geborene Schneidermeister Matthias Köhl, wohnhaft in der Schützenstr. 30 in Trier. Der zweite Ehemann war zu diesem Zeitpunkt 72 Jahre alt. Die Vermutung liegt nahe, dass diese Ehe auch aus gegenseitigem Versorgungsinteresse geschlossen wurde. Matthias Köhl starb im Juni 1950, Ehefrau Anna wurde damit zum zweiten Male Witwe. Ihre letzte Wohnadresse war Jüdemer Straße 21. Sie starb am 14. Februar 1955. Anfang der 1950er Jahre setzte die Adenauer-Regierung ein Bundesentschädigungsgesetz für die Verfolgten des NS-Regimes um, jedoch war die Ehefrau von Damian Reis davon ausgeschlossen, denn Homosexuelle waren ausgegrenzt aus der Liste der anerkannten Verfolgten. Sie galten auch in der Bundesrepublik als Straftäter. Und damit hatte Anna Köhl keinen Anspruch auf irgendeine Form der Wiedergutmachung für den gewaltsamen Tod ihres ersten Ehemannes, weder moralisch noch finanziell. Weiteres aus dem Leben von Anna Köhl, verwitwete Reis, geborene Zils, ist nicht bekannt geworden.
Damian Reis war einer von mehreren Tausend Männern, die während der NS-Zeit wegen Homosexualität verfolgt wurden. Verhöre, Folterungen, Kastrationen („freiwillig“), Gefängnis, Zuchthaus und KZ-Deportationen oder Verbringung in Euthanasie-Anstalten oder den sozialen Tod im beruflichen und privaten Umfeld durch ein „Outing“ im Zusammenhang mit der juristischen Verfolgung überlebten viele nicht. Diejenigen Homosexuellen, die die NS-Zeit überlebten, sei es im KZ oder anderswo, wurden nach dem 8. Mai 1945 weiter verfolgt. Der Strafrechtsparagraph 175 bestand in Westdeutschland in der verschärften Nazifassung bis 1969 (!). Trotz heftigster Attacken von Seiten der katholischen Kirche leitete 1968 der damalige Justizminister der BRD und spätere Bundespräsident Heinemann die Reform des Paragraphen ein. Nichtsdestotrotz wurden bis heute Anträge von Homosexuellen nach dem Bundesentschädigungsgesetz, dass die Adenauer-Regierung zu verantworten hatte, immer abgelehnt, denn sie galten nach damaliger Anschauung als „rechtmäßig“ verurteilte Straftäter. Das vorurteilsbehaftete Gedanken“gut“ der Kaiserzeit und die rassistischen Einstellungen, Vorurteile und Handlungen der Nationalsozialisten in Bezug auf das Thema Homosexualität wurden in der BRD zur Handlungsgrundlage gegenüber Homosexuellen. In Deutschland gab es bis 1969 jegliche Art der Verfolgung, die es bereits im Nationalsozialismus gegeben hatte – außer Konzentrationslagerdeportierungen.
Erst seit 1994 – als Folge der friedlichen Revolution in der DDR und der Wiedervereinigung und aufgrund des Engagements der Schwulen- und Lesbenbewegung werden homosexuelle Männer in Deutschland nicht mehr strafrechtlich verfolgt: Der Paragraph 175 wurde gestrichen. Im Jahr 2002 hob der Bundestag die Urteile auf, die während der NS-Zeit mittels des §175/175a gefällt wurden. Erst seit 2002 zählt Damian Reis nicht mehr als Straftäter. Er wurde zu Unrecht verurteilt. Erst im Sommer 2017 wurden diejenigen Urteile aufgehoben, die zwischen 1945 und 1969 nach den Paragraphen 175/175a in der Nazifassung gefällt worden waren und diejenigen Urteile, die nach der Strafrechtsreform zwischen 1969 und 1994 gefällt worden waren. Die Bundesrepublik Deutschland hat mit den Urteilen nach 1945 schwerste Menschenrechtsverletzungen begangen. Die Aufhebung der Urteile kam und kommt für die meisten Betroffenen, die inzwischen verstarben, und für deren Angehörige, Familien und Freunde (zu) spät. Erst in Sommer 2018 hat der Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Fehler des Staates anerkannt und sich entschuldigt.
Am letzten Wohnort von Damian Reis, Zurlaubener Ufer 89 in Trier, wurde am 30. Oktober 2018 ein Stolperstein zur Würdigung und Erinnerung verlegt von dem Künstler und Schöpfer der Stolpersteine, Gunter Demnig. Nach den im Jahr 2017 in der Hohenzollernstraße 13 für die Zwillingsbrüder Ernst und Leo Salomon verlegten Stolpersteinen ist der Stolperstein für Damian Reis der dritte Stein in Trier, der an einen Mann erinnert, der als Homosexueller verfolgt wurde. Das Wohnhaus Zurlaubener Ufer 89 ist erhalten, es ist das älteste datierte Haus am Ufer, liegt in direkter Moselnähe unmittelbar hinter dem Schiffsanleger. Das kleine Wohnhaus stammt aus dem Jahr 1719, trägt über der Eingangstür neben der Jahreszahl auch das Zunftwappen der Fischer, zwei sich kreuzende Fische. Das aus der Barockzeit stammende Gebäude steht heute im Verzeichnis der Kulturdenkmäler. Der Stolperstein wurde auf der im Jahr 2017/18 erneuerten Uferpromenade oberhalb des Hauses Nr. 89 verlegt. Initiative zum Stolperstein, Forschung/Recherchen und Bericht zum Leben von Damian Reis stammen von Jürgen Wenke, Diplom-Psychologe, Bochum. Weitere Stolpersteine in Bochum (11), Dortmund (1), Düsseldorf (1), Duisburg (5), Essen (1), Gelsenkirchen (4), Hattingen (1), Krefeld (1), KreuztalKredenbach/Kreis Siegen (1), Remscheid (3), Solingen (1), Trier (2), Velbert (1), Witten (2) und Wuppertal (2) zur Erinnerung an verfolgte Homosexuelle waren bereits verlegt worden, weitere Stolpersteine werden folgen. Die Patenschaft für den Stolperstein zur Erinnerung an Damian Reis hat Herr Weege aus Trier übernommen. Gedankt sei dem Paten, ebenso dem Stadtarchiv und dem Standesamt der Stadt Trier sowie zahlreichen Stadt- und Landesarchiven in Deutschland, zahlreichen Personen und Institutionen, die die Forschung unterstützt haben. Ebenso gedankt sei der AG Frieden in Trier und dem Kulturverein Kürenz in Trier, die durch ihre Unterstützung die Verlegung des Stolpersteines ermöglicht haben.