Bildarchiv und Zeitdokumente
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Presseberichte

In den letzten Jahrzehnten seit den 1990er Jahren bin ich mehrfach in Weimar gewesen und mehrfach auch in der Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslagers Buchenwald. Buchenwald ist heute ein Stadtteil von Weimar.
Im Zeitraum 2010/11 hatte ich den Lebensweg von Friedrich Wessel aus Bochum-Wattenscheid erforscht – es waren nur wenige Spuren und keinerlei Akten von Polizei, Staatsanwaltschaft oder Gerichten aus der NS-Zeit zu finden. Aber die wenigen erhaltenen Dokumente aus dem KZ Buchenwald „hatten es in sich“. Im September 2011 wurde dann aufgrund meiner Ergebnisse ein Stolperstein für Wessel in Bochum-Wattenscheid verlegt für den von der SS ermordeten ehemaligen „Rosa-Winkel-Häftling“. (Den Beitrag für Friedrich Wessel finden Sie auf dieser Homepage.)
Bei meinen zahlreichen Besuchen in der Gedenkstätte Buchenwald war mir aufgefallen, dass es im Vorraum des ehemaligen Krematoriums des Lagers Buchenwald zahlreiche Namenstafeln gab für ermordete Häftlinge – für Kommunisten, für jüdische Menschen, u.a. auch für namentlich genannte französische, belgische oder russische Häftling usw. . Es gab aber keine Namenstafel, die personenbezogen, also namentlich und sichtbar, an homosexuelle Männer erinnerte.
Und so entstand bereits 2010/11 die Idee einer Namenstafel zur Würdigung von zwei homosexuellen Häftlingen, deren Verfolgungsweg ich zuvor bereits recherchiert hatte: für den Plakatmaler Friedrich Wessel aus Bochum (ermordet 7.5.1942) und für den Krankenpflegeschüler Julius Schmidt aus Velbert (ermordet 17.3.1942). Wie für Wessel gab es für Schmidt 2012 einen Stolperstein in Velbert (März 2012).
Ob sich die beiden Männer im KZ begegneten waren, ist nicht dokumentiert. Die Quellen belegen, dass sie beide als sogenannte „BV“ (Berufsverbrecher im Sprachgebrauch der Nazis) stigmatisiert wurden. Berufsverbrecher nach §175 (BV 175) waren diejenigen, die „mehr als einen Mann verführt hatten“. Wie viele andere Männer wurden Wessel und Schmidt so kategorisiert und nach der Verbüßung ihrer Haftstrafen ins KZ deportiert.
Die Idee zur Namenstafel wurde im Juni 2011 an die Leitung der Gedenkstätte Buchenwald herangetragen und die unbürokratische Zustimmung erfolgte bereits am 7. Juli 2011, dann folgte unmittelbare eine Zustimmung zu meinem Gestaltungsvorschlag und zur Formulierung der Inschrift der Namenstafel.
Damals (2011) war ich erneut ehrenamtlicher Mitarbeiter des Vereins Rosa Strippe e.V. aus Bochum , der Schwulen- und Lesbenberatung im Ruhrgebiet, deren Mitbegründer ich im Jahr 1980 war. Aus der hauptamtlichen Funktion als Psychologe und langjähriger Leiter der Beratungsstelle war ich bereits Ende 2010 ausgeschieden. Als Forscher und Aktiver im Bereich NS-Verfolgung von Homosexuellen setze ich mich heute völlig unabhängig vom genannten Verein für die Würdigung von verfolgten Homosexuellen aktiv ein.
Am 16. Juli 2012 war es dann so weit: Mit der fertigen Tafel im Koffer reiste ich mit dem Zug nach Weimar, am 18. Juli 2012 wurde die Tafel im Vorraum des Krematoriums auf dem Gelände des ehemaligen KZ Buchenwald von einem Mitarbeiter der Gedenkstätte und mir gemeinsam angebracht.
Im Folgejahr 2013 konnte ich in Zusammenarbeit mit der örtlichen Aids-Hilfe in Weimar einen Bildvortrag über Friedrich Wessel halten.
Jürgen Wenke, 2025